Nachdem ich aufgestanden war, packte ich direkt meinen Rucksack. Zwei Tage lang konnte er einfach in der Ecke stehen, jetzt war es Zeit sich wieder auf den Weg zu machen… nach Hause! Ich verließ das kleine süße Zimmer und checkte mich aus der Pension aus. Bis zur Abfahrtszeit des Busses hatte ich noch genug Zeit, so ging ich zu Manuel zum Frühstücken. Außerdem musste ich noch eine Möglichkeit finden mein Flugticket ausdrucken, da ich mich nicht traute den Barcode mit dem geschrotteten Display zu nutzen. Im Ort konnte ich bisher keinen Copy Shop oder ähnliches entdecken, so sprach ich Manuel am Tisch sitzend diesbezüglich an. Er verwies mich an seine Frau Christine, da er „technisch“ nicht so versiert war. Als sie auf mich zukam, gab Sie mir in knappen Worten zu verstehen, dass sie das nicht mehr macht, weil einfach zu viele Pilger danach gefragt hatten. Sie schlug mir vor es in der Bücherei oder der Bar gegenüber zu erledigen.
Nachdenklich bestellte mir erst einmal ein ausgiebiges Frühstück mit Müsli, Kaffee und jaaaa… einem frisch gepressten Orangensaft. Wahrscheinlich vorerst dem Letzten, der einfach so gut geschmeckt hatte, an jedem einzelnen Morgen! Während ich beim Essen war, kam Christine erneut auf mich zu und drückte mir die Visitenkarte der Bar in die Hand. „Stephan, sagte sie, es ist eine Ausnahme! Schick mir dein Ticket per Mail zu, dann drucke ich es gleich im Büro aus“. Sehr erleichtert halte ich keine 15 Minuten später mein Ticket in der Hand und bedankte mich mehrmals bei Christine.
Nach dem Frühstück setzte ich mich für eine Weile an den Hafen, schaute mich noch einmal um, bevor der Bus um 11.45 Uhr eintrudelte.

Gute 1 ¼ Stunden später erreichte er den Busbahnhof von Santiago. Ich machte mich auf und suchte mein Hostel, in dem ich mein Bett bereits in Finisterre online gebucht hatte.
Nach dem Einchecken legte ich mich eine halbe Stunde hin, fühlte mich noch etwas platt. Danach ging´s aber direkt auf in die Stadt. Ich hatte zuvor mit Ivan getextet. Er war mit Louise, Maryn aus Amerika, sowie Dan aus Israel in einer Herberge im Zentrum untergebracht. Sie waren gestern in Santiago angekommen und ich freute mich riesig die alte Truppe hier nochmal treffen zu können. Julius war zu dem Zeitpunkt noch auf dem Weg nach Santiago. Er hatte sich eine Alkoholvergiftung zugezogen und musste daher zwei Tage Zwangspausieren:-). So traf ich die anderen in der Herberge und es ging gemeinsam in die Stadt. Alle hatten Hunger und wir entschieden uns nach Wochen mal wieder für einen Döner. Während wir uns unterhielten, kamen wir auf die Idee uns ein Tattoo als Erinnerung an den Camino stechen zu lassen. Eine Jakobsmuschel auf dem Arm oder Fuß…
Nach dem Essen bummelten wir gemeinsam durch die Gassen der Stadt, schlenderten an den Geschäften vorbei und ließen alle Eindrücke auf uns wirken. Als es früher Abend wurde, suchten wir den Vorplatz der Kathedrale auf, Julius müsste eigentlich im nächsten Moment durch den Torbogen kommen. Er wusste allerdings nicht, dass ich auch wieder in Santiago war. Ich stellte mich etwas abseits der Gruppe. Wenige Minuten sah ich ihn durch den Torbogen schreiten… Als die Gruppe ihn entdeckte, fielen sich alle in die Arme…
Ich schlich mich von hinten an und überraschte ihn. Sichtlich gelungen, was ich an seinem Gesichtsausdruck erkennen konnte. Damit hatte er nicht gerechnet… Wir fielen uns in die Arme und setzen uns kurze Zeit später in ein kleines Café in einer der vielen Gassen. Es gab viel zu erzählen. Er wird nach Alicante fahren um Darit zu treffen, ein junge Frau, die er auf dem Camino kennengelernt hatte. Bevor er sich ins Arbeitsleben stürzt, will er noch weitere Reisen unternehmen, wohin wusste er noch nicht genau… Das angesprochene Tattoo hatten wir uns nicht alle stechen lassen. Ich ließ mir mit der Entscheidung, welches Motiv es sein soll Zeit, bis ich wieder in Deutschland bin.
Es war bereits dunkel in Santiago. Der Abend neigte sich wohl oder übel dem Ende entgegen. Ich wollte nicht gehen, aber am nächsten Morgen wird mein Flieger um 06:40 Uhr abheben und ein paar Stunden Schlaf würden mir guttun. Es war so schön alle noch einmal wiederzusehen. Gegen Mitternacht zog ich los in mein Hostel und verabschiedete mich von jedem ausgiebig.
Die ein oder andere Träne konnte ich mir nicht verkneifen…
