Bereits im Jahre 2014, kurz nach dem Tod meiner Mama ist mir der Gedanke in den Kopf geschossen einmal den Jakobsweg gehen zu wollen. Woher dieser Gedanke kam und warum es gerade „der“ Jakobsweg sein musste kann ich heute nicht mehr genau sagen. Inspiriert haben mich auf jeden Fall das Buch von Hape Kerkeling, sowie die Erzählungen eines guten Arbeitskollegen.
Der Gedanke, einmal allem entfliehen zu können, um sich nur um sich selbst kümmern müssen, ohne die Pflichten des Alltags war ein Gedanke der mich u.a. sehr gereizt hat. Anderen Menschen zu begegnen, die diesen Weg ebenfalls gehen, zu erfahren was sie dazu bewegt hat, aus welchen Gründen sie diesen Weg gehen, was sie sich erhoffen. Mehr über mich zu erfahren und wie es mir dabei geht, wenn ich auf diesem Weg bin. Was ich denke, was ich fühle, was mich umhertreibt.
Am 03.09.2018 begann Sie nun, meine Reise auf dem Jakobsweg. Erst zwei Monate vorher traf ich die finale Entscheidung mich tatsächlich auf dieses Abenteuer zu begeben. Der ausschlaggebende Moment war ein Gespräch welches ich Anfang Juli führte. Ohne dies hätte ich ein paar Tage später womöglich doch wieder Gründe gefunden es nicht zu tun. Mein Vater war Ende April ganz überraschend an einem Herzinfarkt verstorben und so fühlte ich mich nun noch mehr für meinen psychisch kranken Bruder verantwortlich als vorher, was er mich auch unmittelbar spüren ließ. Direkt am Tag nach dem besagten Gespräch teilte ich meine Entscheidung meinem Arbeitgeber mit. An dieser Stelle muss ich ihm ein großes Kompliment dafür machen, dass er mich relativ kurzfristig für sechs Wochen in den Urlaub entlassen hatte. Ich erzählte meinen Freunden von meinem Vorhaben. Bei fast allen spürte ich Begeisterung beim Erzählen, einige waren wirklich neidisch, aber alle sprachen mir positiv zu und bewunderten den Mut für so ein Vorhaben.
Nachdem die Hürde mit meinem Arbeitgeber genommen war, stellten sich mir sofort eine Reihe von Fragen. Wie komme ich am besten nach Südfrankreich? Was brauche ich und muss ich wirklich mitnehmen angesichts des Gewichts? Wie bereitete ich mich am besten auf diesen langen Weg vor? Nachdem die Art der Anreise schnell geklärt war, durchsuchte ich das Internet nach der sinnvollsten Packliste für die Reise und musste dabei feststellen, dass es diese nicht gibt. Zu unterschiedlich waren die Anforderungen die jeder Pilger an sich und so einen Trip hat oder von dem er glaubte er müsse es unbedingt dabeihaben. So suchte ich mir das für mich passende aus allem raus, auch im Hinblick darauf, dass mein Rucksack ins Handgepäck des Fliegers passen musste. So hatte ich mir selbst schon ein Hostel für die erste Nacht in Südfrankreich via Internet gesucht und gebucht. Nun konnte ich mich voll und ganz auf das Einkaufen diverser Utensilien konzentrieren. Vieles von dem was ich mitnahm kaufte ich zum allerersten Mal, wie z. B. Bergwanderschuhe, Funktionskleidung, oder einen Wanderrucksack. Die Ausrüstung wählte ich sorgfältig aus, da sie mich im besten Fall vom Anfang bis zum Ende des Weges begleiten würde. Viele weitere praktische Helferlein kamen natürlich noch hinzu, die an dieser Stelle jedoch nicht einzeln erwähnt werden müssen.
Nachdem ich nun glaubte alle benötigten Dinge bei mir zu haben und mich gut auf die bevorstehenden Strapazen, die mich täglich erwarten würden vorbereitet zu haben, ging es dann am ersten Sonntag im September wirklich los. Ein guter Bekannter brachte mich am Morgen zum Flughafen von wo es dann über London nach Biarritz ging. Beim ersten Boarding in Weeze konnte ich auf den ersten Blick keine weiteren Pilger entdecken, die womöglich das gleiche Reiseziel haben. Ob sich dies in London ändern wird!? In England angekommen wirkten die zwei Stunden Umsteigezeit auf dem Papier recht üppig. Dies relativierte sich jedoch durch das Ein- und Ausreiseprozedere mehr als deutlich, sodass es am Ende sehr knapp wurde, dass ich meinen Anschlussflug erreichen konnte.
Beide Flüge verliefen sehr ruhig und ich landete planmäßig gegen späten Nachmittag in Biarritz. Hier entdeckte ich zum ersten Mal andere Pilger, die man an ihren Rucksäcken erkennen konnte und die ebenfalls in Richtung Saint-Jean-Pied-de-Port (nachfolgend SJPDP abgekürzt) unterwegs waren. So heißt einer der möglichen Startorte für den sogenannten „Camino Francés“. Der richtige Bus zum Bahnhof nach Bayonne wurde schnell gefunden. Dort angekommen erwartete uns Pilger die erste Überraschung. Der Zug nach SJPDP fiel an diesem Tag aus. So mussten wir kurzerhand in einen Ersatzbus umsteigen, der auch direkt in Sichtweite am Bahnhof abfahrtbereit stand.
Ein handgeschriebener Zettel an der Windschutzscheibe verriet uns das Fahrtziel. Als ich den Bus betrat war gerade noch ein Sitzplatz verfügbar, sodass es auch direkt losging. Neben mir saß eine junge Französin. Wir kamen nach kurzer Zeit ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass sie sehr gut deutsch sprechen konnte, da sie ein Jahr als Au-Pair in Karlsruhe verbracht hatte. Die Zeit bis SJPDP verging durch das anregende Gespräch wie im Fluge. Dem Fahrstil des französischen Busfahrers ist es zu verdanken, dass der Bus gegenüber dem Zug unwesentlich länger benötigte um das Fahrtziel zu erreichen. In SJPDP angekommen machte ich mich direkt auf den Weg zu meinem Hostel. Das Zimmer teilte ich mir in dieser Nacht mit einer Brasilianerin und einer Ungarin, die ebenfalls zum Pilgern hier waren. Wir machten uns kurz bekannt. Jeder richtete sich direkt für die bevorstehende Nacht an seinem Bett ein. Schon ein komisches Gefühl, wenn man sich zum ersten Mal den Raum mit fremden Leuten teilen muss. Ich machte mich kurz frisch und ging in den Ort. Nach dem langen Tag sehnte ich mich nach einem Essen und einem kühlen Bier. Das Café de la Paix konnte mir geben was ich brauchte, auch wenn es das nicht zum Pilgerpreis gab. Was das bedeutet, erfahrt ihr etwas später…
Der ganze Ort, so klein er auch ist, war um diese Zeit doch ziemlich belebt. Nach dem Essen und der Erfrischung zog es mich dann aber auch recht schnell zurück ins Hostel. Ein sehr langer Tag neigte sich dem Ende entgegen, ich wollte am nächsten Morgen ausgeschlafen starten. Es war mein erster richtiger Wandertag, die erste Etappe auf dem langen Jakobsweg, ich war gespannt was mich erwartet… Gute Nacht!
Großartig, viel Erfolg beim Weiterschreiben 🙂 beste Grüße Nobse
Super geschrieben, ich bin gespannt wie es weiter geht. Gruß Timo
Toll geschrieben.
Das macht neugierig auf mehr … 🙂
Lieber Stephan,
ich freue mich auf deinen Blog und deine Erlebnisse. Schon der erste Teil ist lebendig und gut geschrieben. Weiter so!!!
Viele liebe Grüße
Ulli R.
Ich freue mich alles nochmal und mehr lesen zu können..
Liebe Grüße Tine
Vielen Dank euch allen für eurer Feedback!
Hallo Stephan,
freue mich schon auf die Fortsetzung. Sehr gut geschrieben.
Großartig! Bin begeistert und freu mich auf die weiteren Zeilen von Dir! Aufregend ….
Supercool, dass Du das in Angriff genommen hast. 😊 Ich freue mich auf die weiteren Folgen. Kann man das irgendwie abonnieren?
Glückwunsch zum Projekt, schöner Schreibstil! Gefällt mir und bin gespannt wie es weiter geht.