Tag 21: Santa Catalina de Somoza – El Acebo

Meine Nacht war etwas unruhig, kein Plan warum, ich war einfach öfter wach. Nichts desto trotz stand ich wie geplant um kurz nach sechs Uhr auf. Die ersten knapp zwei Stunden ging es wieder durch die Dunkelheit, meist auf oder neben der Landstraße. Um diese Uhrzeit waren so gut wie keine Autos unterwegs, ab und an bekam ich allerdings schon ein mulmiges Gefühl, gerade wenn mir ein LKW entgegen kam… Der nächste etwas größere Ort war zum Glück bald erreicht. Der Weg verlief sehr ähnlich weiter, wenig abwechslungsreich. Ich frühstückte in Rabanal del Camino, dem Ort den Bea und Theresia als ihr gestriges Etappenziel auserkoren hatten. Ich hoffte, dass die beiden hier am Vortag in der Mittagshitze gut angekommen und nun bereits wieder vor mir auf dem Weg waren.

Hinter Rabanal ging es wieder bergauf und zwar richtig! Es begann der Aufstieg zum Puerto de Foncebadón.

Der Weg wurde beschwerlicher, die Landschaft dafür deutlich reizvoller und schöner. Die Meseta war nun so gut wie vergessen.

Meist über Schotterwege ging es durch kleine Wälder oder hoch gewachsene Wiesen, die mit zunehmendem Weg immer höher wurden.

In Foncebadón angekommen, machte ich eine kurze Pause, bevor es weiter zum Cruz de Ferro ging. Dem mit 1528 Metern höchstem Punkt auf dem Camino. Hier steht das berühmte Eisenkreuz an dem die Pilger obligatorisch einen Stein ablegen um ihre Sorgen niederzulegen, die sie von zu Haus mitgebracht hatten. Ich hatte meinen Stein zwar nicht von zu Hause mitgebracht, jedoch ließ auch ich eine große Sorge hier und meine Gedanken sollten ihren Seelenfrieden finden.

Wieder einmal hatte ich fantastisches Wetter und keine Wolke war am Himmel zu erkennen. Allerdings war es gleichzeitig undenkbar nur im T-Shirt in dieser Höhe rum zu laufen… Als ich meinen Stein dort ablegte und ein Foto von mir machen ließ, musste ich darüber nachdenken, dass ich nun tatsächlich schon drei Wochen unterwegs war. Wie viele km hatte ich schon abgerissen. Was hatte ich alles erlebt, welch tolle Menschen und Momente durfte ich erfahren. Aber welche Pannen waren mir auch passiert und welche Schmerzen begleiteten mich… und und und…

Eines kam mir aber immer wieder in den Sinn. Der Camino nahm und der Camino gab, auf seine ganz eigene Weise. Zumindest war das mein Fazit bisher.

Ab dem Cruz de Ferro ging es leicht bergab auf teils steinigen Pfaden. Es eröffneten sich mir einige spektakuläre Ausblicke in die Berge der Sierra Teleno. Nach den langen Entbehrungen der Meseta eine regelrechte Wohltat für die Augen.

Eine gute halbe Stunde später erreichte ich das größtenteils verfallene Manjarín. Nur noch ein leidlich instant gesetztes Haus dient in dem bereits 1180 schriftlich erwähnten Ort als einfache Herberge. Die Unterkunft wird im Wanderführer als „sehr speziell“ ausgewiesen, kein Warmwasser und ein Plumpsklo. Offiziell ist hier ein Einwohner verzeichnet:-).

Ab hier ging es für knapp anderthalb Stunden erneut bergauf. Belohnt wurde ich dafür mit weiteren grandiosen Ausblicken in das weite Tal des Río Sil bis nach Ponferrada. Der darauf folgende Abstieg gestaltete war, sagen wir, wieder einmal sehr unbequem und anspruchsvoll für meine Gelenke. Er erforderte definitiv meine gesamte Aufmerksamkeit und Konzentration.

Eine gute dreiviertel Stunde später erschien nach einer der vielen Abbiegungen dann endlich das kleine Dorf. Schmuck sah es aus. Alle Häuser zierten schwarze Schieferdächer.

Schiefer ist das typische Baumaterial in dieser Region. Offiziell hatte El Acebo ganze 37 Einwohner und lag 1150 Meter hoch. In der Herberge hatte ich mir gestern schon vorsorglich einen Platz reserviert, da diese nicht besonders groß war.

Als ich dort ankam, checkte ich in Ruhe ein und gönnte mir nach der üblichen Körperpflege eine leckere Portion Eier mit Schinken und Pommes aus der Pfanne. Als Erfrischung diente mir auch heute ein kühles Bier. Die Etappe zog sich über stolze 29 km. Nach dem Essen und einem kleinen Spaziergang durch das Dorf ging es zurück in den Garten der Herberge. Dort angekommen, suchte ich mir einen schattigen Platz und bestellte mir eine Sangria im Glas. Die Aussicht von hier oben in das weite Tal war herrlich.

Als ich eine junge Frau neben mir bemerkte, sprach ich sie an. Sie hieß Alex und kam aus Quebec in Kanada. Wir unterhielten uns über unsere bisherigen Erlebnisse und Eindrücke vom Weg. Mit zunehmender Dauer kam da schon eine ganze Menge zusammen 🙂 Alex war 31 Jahre jung und arbeitete selbständig in einer Chirotherapie Praxis. Es war einfach Zeit für eine Pause sagte sie. Das war ihr Grund um hierher zu kommen. Ihrem Englisch konnte ich sehr gut folgen und so konnten wir uns lange und angeregt unterhalten bis die Sonne am Horizont verschwand. In dieser Höhe wurde es dann auch ruck zuck ziemlich kalt. Gegen 22 Uhr entschieden wir uns beide nach dem langen Tag ins Bett zu gehen. 

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