Ich hatte in der Nacht gut und lange geschlafen, Ohropax sei Dank :-). Meine ersten Schritte nach Verlassen der Herberge waren, sagen wir, etwas unkoordiniert. Da die Unterkunft nicht unmittelbar am Camino lag, brauchte ich etwas Zeit um das erste Erkennungsmerkmal (den gelben Pfeil) zu entdecken. Den anderen Pilgern erging es ähnlich. So kamen mir aus der ein oder anderen Gasse immer wieder Suchende entgegen… Burgos war die erste große Stadt, bei der es uns wohl allen schwer fiel in der Dunkelheit den richtigen Weg zu finden.
Da ich mittlerweile nicht mehr wirklich wusste an welchem Punkt ich mich in der Stadt befand, halfen mir die Straßenbezeichnungen, die im Wanderführer angegeben waren, nicht wirklich weiter. So griff ich notgedrungen zum Smartphone und lotste mich damit in die richtige Richtung. Mit Carolina aus Galizien, die ich beim Suchen des Weges kennen gelernt hatte, ging es dann zielsicher aus der Stadt raus. Wir hielten einen kurzen Smalltalk als der Tag so langsam erwachte und die Sonne am Horizont aufging.

Carolina hatte im Verhältnis zu mir ein etwas gemächlicheres Wandertempo, sodass ich mich nach unserem kurzen aber sehr netten Gespräch wieder von ihr verabschiedete.
Nachdem Burgos verlassen war, begann die Meseta spürbar. Flaches Land so weit das Auge reichte. Einige Pilger nahmen ab hier den Bus um die gut 170 km bis Leòn zu überbrücken und sich den Teil der Meseta zu ersparen. Das kam jedoch für mich nicht in Frage. Ich wollte erst in einen Bus steigen, wenn ich an meinem Zeil angekommen war, so zumindest war der Plan!
Auf einem Fußweg neben der N-120 erreichte ich nach knapp zwei Stunden und zehn Kilometern, Tardajos, wo ich an diesem Morgen gegen halb neun das erste Mal stoppte, um einen Kaffee zu trinken. Nach weiteren zwei Stunden über endlose Feldwege und an Getreidefeldern vorbei kam ich in Hornillos del Camino an, einer kleinen Gemeinde mit sage und schreibe 59 Einwohnern. Jedoch nicht das kleinste Dorf auf dem Camino. Ab hier zeigte sich die Meseta wieder von ihrer rauen und kargen Seite.

Den Weg entlang der Hochebene musste ich glücklicherweise nicht allein gehen, da ich auf Tom und Lisa traf. Beide kannte ich bis dahin noch nicht. Wir gingen zu dritt die letzten zehn Kilometer, die in der Mittagshitze eine brutale Herausforderung für uns alle waren. Jetzt war ich froh meinen Sonnenhut dabei zu haben, obwohl der kein optisches Highlight abgab :-).

Als wir unter der sengenden Sonne und der heißen, trockenen Luft so dahin wanderten, musste ich daran denken, wie es den Pilgern hier wohl im Juli oder August ergehen musste, wenn das Thermometer die 40 Grad Marke locker überstieg und weit und breit kein Schatten zu ergattern war.
Nach weiteren knapp zwei Stunden durch die brutale Hitze erreichten wir gemeinsam unser Tagesziel, Hontanas. Das Dorf erschien buchstäblich aus dem Nichts. Es erinnerte schwer an den wilden Westen, so wie ich ihn mir vorstellte. Hontanas bestand aus zwei Herbergen und einer Kirche. Die Einheimischen versicherten uns, dass das Wasser aus dem Kirchbrunnen sehr gesund sei! Der Ortsname leitete sich von Brunnen (veraltet „fontanas“) ab.

Endlich angekommen um die Füße von den Schuhen zu befreien. Die heutige Etappe war kurz gesagt mental und körperlich einfach hardcore. Nach dem Duschen widmete ich der Fußpflege einen sehr großen Teil meiner Aufmerksamkeit. Zusammen mit Tom, Lisa und Katrin, die wir noch auf dem Weg nach Hontanas kennen lernten, verbrachte ich den Nachmittag auf der Terrasse der Herberge. Auch wenn das Dorf mitten im Nirgendwo lag, gab es hier LTE und es ließ mir doch keine Ruhe nachzusehen wie denn der FC am heutigen Samstag gespielt hatte. Meine Laune wurde durch das Ergebnis nicht besser, Köln verlor sein Heimspiel gegen Paderborn in der Nachspielzeit mit 3:5…
Als wir so auf der Terrasse abhingen, trudelte einige Zeit später auch Chris ein, den ich schon einige Tage nicht mehr gesehen hatte. So verbrachten wir den Nachmittag auf der Anlage und aßen gemeinsam zu Abend.

Ich merkte von Stunde zu Stunde wie ich müde wurde und mir der Tag in den Knochen steckte. Die 30 Kilometer heute hatten es einfach in sich. Kurz nach dem Sonnenuntergang wurde es zudem empfindlich kühl und so zogen wir uns alle nach und nach auf unsere Zimmer zurück.