Tag 24: La Faba – Triacastela

Mit wolkenverhangenem Himmel startete ich in diesen Tag. Es war kurz nach 6 als ich mich auf den Weg machte. Mittlerweile wurde ich morgens fast täglich vor meinem Wecker wach und fühlte mich trotz aller Strapazen der zurücklegenden drei Wochen immer erholt und bereit für das nächste Abenteuer…:-)

Als ich losging, verhieß der Blick Richtung Himmel jedoch nichts Gutes… Am Horizont, noch etwas entfernt, erhellten immer wieder Blitze die Wolkendecke. Es war das erste Mal in dieser ganzen Zeit, dass das Wetter mir einen Strich durch den kommenden Wandertag machen könnte… Eine weniger schöne Überraschung am noch frühen Morgen. Ich wusste nicht so genau mit der Situation umzugehen. Mit Gewitter in den Bergen ist nicht zu spaßen. Ja ich gebe zu, ich bekam zunehmend schiss, da mein Weg mich immer weiter nach oben auf den Berg führte und der Wald rundherum immer mehr verschwand. Die Blitze wirkten so noch heller und näher als sie es tatsächlich waren. Für einen kurzen Moment wurde es um mich herum immer taghell…

Mich beschäftigte die ganze Zeit in welche Richtung das Gewitter wohl ziehen würde. Gleichzeitig verlangte mir der steile Anstieg zusätzlich alles ab. Jetzt setzte auch noch leichter Regen ein. Alles zusammen bereitete mir die Situation ganz schön Stress…

Die Lichter, die ich aus der Ferne bereits entdecken konnte, entpuppten sich dann nach knapp einer Stunde Gehzeit als das kleine malerische Bergdorf La Laguna. Bei freundlichem Wetter bestimmt ein Highlight es zu erreichen… Ziemlich nassgeschwitzt und voller Anspannung suchte ich einfach einen Unterschlupf und ging geradewegs in das kleine Café mitten im Dorf.

Erstmal froh, bis hierhin gekommen zu sein, traf ich auf weitere Pilger, die hier tags zuvor Halt gemacht hatten und nun überlegten, ob sie bei der aktuellen Wetterlage starten können. Jeder hatte sein Smartphone in der Hand und checkte alle möglichen Wetter-Apps. So war es am frühen Morgen ein ziemliches Gewusel und Getuschel in dem kleinen Café. War ein Weitergehen ungefährlich? Wohin würde das Gewitter ziehen? Wie lange werde ich hier bleiben müssen?

Ich bestellte mir an der Theke einen Kaffee und hielt mich eine gute halbe Stunde hier auf, bis ich, trotz der unklaren Wetterlage ungeduldig wurde und mich entschied weiterzugehen. Laut der App zog das Gewitter Richtung Westen, also von mir weg… Mit mir trauten sich auch einige andere Pilger und gingen los… Knapp 20 Minuten später begrüßte mich der Grenzstein der Provinz Lugo. Das wird jetzt keinem was sagen 🙂 aber kurz gesagt, nun war ich in Galizien!

Als ich eine knappe halbe Stunde später das denkmalgeschützte Bergdorf O Cebreiro auf 1300m erreichte, waren die Blitze am Horizont noch deutlich wahrzunehmen und der Wind wurde wieder stärker. Da es bisher immer nur ganz leicht regnete, entschied ich mich weiterhin auf den Poncho zu verzichten, den ich gut verstaut im Rucksack untergebracht hatte.

wolkenverhangener Himmel mit kleinem Lichtblick in O Cebreiro

Dieser berühmte Ort hat es eigentlich verdient, hier mehr Zeit zu verbringen. Da das Wetter jedoch wirklich mies war und die Sonne sich auch nicht zeigte, entschied ich mich, nach einem kurzen Aufenthalt, zügig weiterzugehen. Mein Wanderführer verreit mir, dass der Weg noch zwei kurze aber heftige Aufstiege für mich parat hatte. Am Alto do san Roque auf 1270 m angekommen, gönnte ich mir in einem Café ein herzhaftes Frühstück mit Eiern und gebratenem Speck. Dazu einen heißen Kaffee.

Ich fand, es war Zeit für ein herzhaftes Frühstück nach diesem rauen Start in den Tag…

Als ich so unter dem Vordach des Cafés saß, wurde der Regen zunehmend stärker und ich konnte beobachten wie so gut wie alle Pilger sich mit ihrem entsprechenden Regenschutz ausrüsteten. Diese Prozedur kann sehr aufwändig sein, je nachdem für was man sich im Vorfeld entschieden hat… Ein Poncho ist recht schnell übergeworfen, dafür schwitzt man darunter wie Sau… Die Regenjacke und die dazugehörige Hose stecken meistens in den Tiefen des Rucksacks, da man sie so selten benötigt. Um sich umzuziehen ist eine trockene Umgebung sehr hilfreich. Wenn kein starker Wind herrscht, kommt man sogar gut mit einem Schirm zurecht. Vorausgesetzt man ihn eingepackt 🙂

So wie ich, wollte der ein oder andere ebenfalls warten, bis sich das Wetter merklich bessert. Da dieser Zeitpunkt jedoch (für mich) zu lange auf sich warten ließ, entschied auch ich mir den Poncho überzuwerfen und weiterzugehen.  Wobei Poncho an der Stelle sehr wohlwollend ausgedrückt ist…

So wurde ich zum ersten Mal auf diesem Weg richtig nass. Die hohe Luftfeuchtigkeit führte dazu, dass ich unter dem Poncho schnell ins Schwitzen kam. Nach gut einer Stunde war der Spuk jedoch wieder vorbei und die Sonne durchbrach die Wolken mehr und mehr. Schon bald war der Himmel wieder stahlblau. Der Poncho konnte also direkt wieder im Rucksack verschwinden. Durch den blauen Himmel und die klare Sicht, konnte ich jetzt erst dieses atemberaubende Panorama wahrnehmen.

Ab jetzt ging es buchstäblich nur noch bergab, was sich einfacher liest als es war. Mein heutiges Tagesziel war nicht mehr weit. Zuvor stoppte ich jedoch noch einmal in Fillobal für ein kühles Bier und erreichte dann gegen zwei Uhr Triacastela.

Als ich in der Herberge ankam, hatte ich keine Lust meine Sachen mit der Hand zu waschen. So nutzte ich deshalb den hauseigenen Wäscheservice. Nach der Dusche und der Körperpflege, konnte ich die gewaschenen Sachen im Garten der Herberge aufhängen. In der Mittagssonne werden diese ruck zuck trocknen, dachte ich.

wertige Herberge in Triacastela

Der Hunger trieb mich ins Zentrum des kleinen Bergdorfs (641 EW) und suchte mir dort einen schönen Platz im Schatten. Meine Wahl auf das Restaurant Xacobeo. Die Tische standen im Außenbereich entlang der langen Gasse. Der Blick in die Karte verreit mir, dass das Pilgermenü mir hier die bisher größte Auswahl an möglichen Speisen bot. Das Essen hatte eine top Qualität und die Portionen waren riesig. Kurz gesagt, ich war nach dem Essen pappsatt. Bea und Theresia funkten mich über WhatsApp an, dass sie auch bis Triacastela gehen wollten an diesem Tag. 

Es war bereits 17 Uhr und die beiden konnten sich per Telefon einen Schlafplatz in meiner Herberge reservieren. Alex aus Neuseeland, die ebenfalls bis hierher gewandert war, gesellte sich derweil zu mir und wir stießen mit Rotwein auf die heutige Etappe an. Durch die Wetterkapriolen und die eigenen Erlebnisse, hatten wir uns gegenseitig viel zu erzählen.

In der angeregten Unterhaltung bemerkten wir beide nicht, dass das Wetter umgeschlagen war. Dichte Wolken waren zogen am Himmel auf und plötzlich setzte ein heftiger Platzregen ein. Circa drei Sekunden später fiel mir meine Wäsche ein, die noch draußen an der Leine zum Trocknen hing. Ich sagte Alex kurz was los sein und rannte im nächsten Augenblick in meinen Flip Flops zurück zur Herberge, schnappte mir blitzschnell die gesamte Wäsche und brachte sie in den Trockenraum. Nachdem das geschafft war, ging ich ziemlich patschnass zurück zum Restaurant. Alex hatte sich bereits drinnen einen Platz gesucht. Sie konnte das Grinsen nicht verkneifen als sie mich sah :-).

Ein paar weitere deutsche Pilger setzten sich zu uns an den Tisch. Simon und Dennis aus Hamburg, sowie ein Mädel aus Köln, dessen Namen ich leider vergessen habe. Wir tranken noch etwas gemeinsam und unterhielten uns lange und angeregt. So verging die Zeit wieder mal viel zu schnell… Mein Blick auf die Uhr verriet mir dann, dass es Zeit wurde, in die Herberge zurück zu kehren.

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