Tag 3: Zubiri – Pamplona

Da viele Pilger aus unserer Herberge bereits sehr früh in den Tag starteten, wurde ich durch das Gewusel und Geraschel automatisch wach. Mein Wecker, die vibrierende Smartwatch war also an diesem Morgen völlig überflüssig. So kam es, dass wir alle wieder gemeinsam gegen 7.30 Uhr die Unterkunft verließen. Der Himmel war leicht bewölkt. Am Ende des Horizonts konnte man langsam die Sonne aufgehen sehen, bedingt durch die Zeitverschiebung ca. eine Stunde später als in Deutschland. Bevor wir den Ort Zuriáin nach knapp 10 km erreichten, lernte ich Kelly aus Australien an einer kleinen Anhöhe kennen. Ich war erstaunt welch weiten Anreiseweg sie auf sich genommen hatte, um hier in Nordspanien wandern zu können. Schon jetzt bekam ich einen Eindruck welche Anziehungskraft dieser Weg auf die Menschen aus aller Welt hat. Sie begleitete uns ein Stück und ich konnte mich sehr gut auf Englisch mit ihr unterhalten. Nach dem kurzen Smalltalk mit ihr machte unsere Gruppe eine kurze Pause, während es Kelly weiter zog.

Frühstückspause nach knapp 10 km kurz vor Zuriáin

Der Stop kam mir wie gerufen. Schon jetzt, nach den ersten zwei Tagen spürte ich deutlich die Strapazen des Wanderns. Mich plagten zwar, wie gesagt keine Blasen an den Füßen, jedoch hatte ich bereits jetzt, nach den ersten 10 km Schmerzen unter den Füßen und in den Waden. Also befreite ich in der Pause meine Füße erstmal von den schweren Wanderschuhen. Sie hatten mir beim Auf- und Abstieg über die Pyrenäen sehr gute Dienste geleistet, waren aber eben auch kein Leichtgewicht an den Füßen. Nach gut einer halben Stunde ging es für uns weiter und ich merkte, nach den ersten Schritten wie effektiv es war, regelmäßig Pausen einzulegen. An einer Gabelung trennte sich unsere Gruppe für eine bestimmte Zeit, da es ab hier zwei Möglichkeiten gab, weiterzugehen. Der eine führte am Flussufer entlang und ein anderer, laut dem Wanderführer, an einer kleinen Kapelle vorbei. Ich entschied mich für die Kapelle und erreichte so Zabaldika. Der Rest unserer Gruppe wählte den Weg entlang des Flusses. Ich stoppte an der Iglesia de San Esteban. Beim Betreten des Gotteshauses wurde ich von einer liebenswerten älteren Dame freundlich auf Spanisch begrüßt. Nachdem ich mich in Ruhe umgesehen hatte, entdeckte ich in einer Ecke ein Schild, welches darauf hinwies, im Dachgeschoss die Glocke zu läuten. Gesagt getan. Ich begab mich über die knarzenden kleinen Holzstufen nach oben in den kleinen Turm der Kapelle. Ein erhabener Moment als ich das kleine Seil gegen die Glockenwand schlagen konnte. Ich bekam Gänsehaut. Wann hat man schon mal so eine Gelegenheit?

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Glocke zum eigenständigen Läuten in Zabaldika

Als ich wieder unten war und die Kapelle gerade verlassen wollte, drückte mir die besagte Dame einen kleinen weißen Zettel in die Hand auf dem die zehn „Seligpreisungen des Pilgers“ geschrieben standen. Wieder im Freien angekommen, nahm ich mir die Zeit und las mir diese sehr aufmerksam durch und hielt inne. Ich fühlte mich bei den Zeilen vom Geist des Camino berührt und in diesem Moment einfach völlig unbeschwert und frei. Ein wohlig warmes Gefühl durchzog meinen ganzen Körper. Ich fühlte, dass es richtig war jetzt und hier auf dem Weg zu sein. So verweilte ich noch etwas im Vorgarten der Kapelle und ließ dieses Gefühl auf mich wirken.

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Seligpreisungen des Pilgers in der Kapelle von Zabaldika

Es ging weiter Richtung Pamplona, dem heutigen Tagesziel. Die Wege trafen wieder aufeinander und so sah ich Louise und Chris nach kurzer Zeit wieder. Ich erzählte ihnen von meinem Erlebnis. Sie waren etwas neidisch das verpasst zu haben, da der Weg entlang des Flusses doch eher unspektakulär war. Hinter einer Brücke legten wir gemeinsam eine Pause ein, als kurze Zeit später auch Ivan und Julius eintrudelten. Es war jetzt 14 Uhr.

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Louise, Chris, Ivan, Stephan und Julius bei einem kurzen Stop

Es ging weiter durch ein paar kleine Städtchen und an Feldern entlang. Dann bot sich uns ein erster Blick über Schrebergärten und Bäume hinweg auf die mittelalterliche Silhouette Pamplonas. Unser Tagesziel erreichten wir gegen 15.30 Uhr und in der großen Herberge war noch ausreichend Platz für uns alle.

Schlafen auf zwei Etagen in der allgemeinen Herberge von Pamplona

Nachdem wir uns alle frisch gemacht hatten, ging es zusammen für etwas Sightseeing in die Stadt. Dabei kauften wir für das Abendessen ein und trafen Janaja, die wir an diesem Tag überhaupt nicht mehr gesehen hatten, weil sie einfach schneller unterwegs war. Wir nannten Sie mittlerweile liebevoll „Spider“, da uns ihr Laufstil mit den Gehstöckern sehr an eine Spinne erinnerte :-). Am Mittag fand in Pamplona ein typischer Stierlauf statt, den wir zum Glück verpasst hatten, als wir die Stadt gegen Nachmittag erreichten. Zurück in der großen Herberge, kochten und aßen wir zusammen und ließen den Abend in Ruhe ausklingen. Trotz der „nur“ knapp 22 km waren alle auch an diesem Tag einfach platt und wieder zeitig reif fürs Bett. Man merkte, dass uns die Pyrenäen nachhaltig in den Knochen steckten. Wir waren gespannt wie wir uns am nächsten Tag wohl fühlen werden.

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