Tag 4: Pamplona – Puenta de la Reina

Unsere Körper hatten sich in der Nacht bestens repariert. So konnten wir nach einem kleinen Frühstück in der Bar Leo gegenüber der Herberge starten. Es war kurz nach 7 Uhr. Der Weg führte uns noch eine Weile durch die Stadt, bevor es wieder leicht bergauf ging. Der Windpark auf dem Bergkamm war schon von weitem gut zu erkennen. Da ich mich an diesem Tag körperlich richtig gut fühlte, enteilte ich den anderen mit jedem Schritt.  Ein paar km weiter traf ich in einem Café „Spider“ wieder, die sogar noch vor unserer Gruppe los zog an diesem Morgen. Nach einem kleinen Snack und einer kurzen Pause gingen wir gemeinsam weiter. An der nächsten Anhöhe entdeckten wir zum ersten Mal einen kleinen liebevoll eingerichteten Stand für die Pilger. Gegen eine kleine Spende, auf Spanisch „Donativo“, gab es hier Kaffee, Obst oder kalte Getränke.

Stärkung für die Pilger auf einer Anhöhe hinter Pamplona

Gegen 10 Uhr erreichten wir die Bergkuppe am Alto del Perdón. Durch das gute Wetter hatten wir eine fantastische Aussicht auf das weite Land um uns herum.

Nachdem wir diesen Ausblick am Morgen genossen hatten, gingen wir weiter und entdeckten an einer Ecke eine Schlange von Pilgern vor einem Tisch. Was es denn da wohl Spannendes zu sehen gab?! Neugierig näherten wir uns um dann zu entdecken, dass es hier oben einen ganz besonderen Stempel für den Pilgerausweis gab. Ein junger Mann saß dort mit einem Bunsenbrenner, einem Löffel und rotem Wachs. Einen Stempel nach dem anderen fertigte er für die wartenden Pilger an. Geduldig sahen wir seiner Arbeit zu und waren einfach froh nicht weitergegangen zu sein.  

 

Ein Wachsstempel auf den es sich zu warten lohnt

Wir bedankten uns höflich und hinterließen dem jungen Mann natürlich eine angemessene Spende.  Glücklich und mit einem Lächeln auf dem Gesicht gingen wir gemeinsam weiter. Der Abstieg von der Anhöhe war sehr anspruchsvoll und rutschig. Der Weg bestand größtenteils aus groben Steinen, bei denen ich froh war, festes Schuhwerk am Fuß zu haben.

Rutschige Geröllstrecke beim Abtieg vom Alto del Perdón

Wir gönnten wir uns im nächsten Ort ein kleines Mittagessen. Es ging weiter. Entlang an ein paar schönen Kirchen, in denen es weitere Stempel zu ergattern galt. Zu Beginn meiner Reise hatte ich doch etwas Sorge, ob ich denn genügend Stempel sammeln werde, um mein Zertifikat in Santiago zu erhalten. In einigen Berichten, die ich vorher gelesen hatte, wird das Thema meiner Meinung zu heiß gekocht 🙂 da man nicht nur in den Herbergen, sondern auch in Kirchen, Cafés oder eben auch am Wegesrand einen Stempel bekam, wenn man denn will. Nun war bei mir nach drei Tagen eine regelrechte Sammelleidenschaft entstanden und ich war jedesmal neugierig, wie wohl der nächste Stempel aussehen würde. 

Gegen halb drei erreichten wir unser Tagesziel, Puenta de la Reina. Mein Kilometerzähler zeigte heute 23,7 an. Wir trafen hier auf die erste von Christen geführte Herberge der Padres Reparadores. Nachdem wir alle unser Bett bezogen hatten, ging ich in den Ort um im nächsten Supermarkt etwas Brot, Salami und Obst zu kaufen. Auf dem Weg zurück kam ich an einem Restaurant vorbei in dem ein mir vom Aussehen her bekannter Pilger saß. Ich grüßte ihn und er winkte mich zu ihm. Thomas aus Dänemark, so stellte er sich vor.

Gemeinsam tranken wir zwei Bier zusammen, tauschten uns über den Camino aus und wie wir beide den Weg bisher empfanden. Nach dem Gespräch zog es mich zurück in die Herberge um in dem wunderschönen Garten der Anlage etwas zu Essen. Nachdem ich mein beschauliches Mahl im Garten sitzend auf hatte, trudelten Janaja und der Rest der Gruppe nach und nach auch ein. Sie setzten sich zu mir. Unser Tisch füllte sich mit weiteren Pilgern und es wurde lauter und unterhaltsamer :-). Die verschiedenen Nationen redeten jetzt kreuz und quer am Tisch verteilt miteinander, natürlich meist auf englisch. Nach einiger Zeit trieb dann der Hunger alle am Tisch sitzenden in den Ort um etwas zu Essen, da es in dieser Herberge kein Restaurant gab.

Geselliger Nachmittag im Garten der Herberge in Puente de la Reina

Ich verweilte weiter im Garten, genoss das tolle Wetter und saß nun tatsächlich allein an dem großen Tisch. Die Ruhe wurde jedoch ein paar Minuten später wieder gestört. Die Störung war allerdings sehr angenehm :-). Mike aus San Diego setzte sich spontan zu mir. Er war seit einem Jahr Rentner und erzählte einfach fröhlich drauf los. Sein Akzent klang verdammt nach dem eines Cowboys der geradewegs von seiner Ranch hier her gekommen ist. Er wollte seine Schwester gestern in Pamplona treffen. Leider hatte die Kommunikation der beiden über das Smartphone nicht richtig funktioniert, sodass sie sich wohl in der Stadt verpasst hatten. Mir tat dies sehr leid als ich das hörte, er wirkte beunruhigt. Hoffentlich war ihr nichts passiert und der Camino brachte die beiden in den nächsten Tagen wieder zusammen. Auch ein paar Tage später musste ich noch an Mike denken und ob es denn mit den beiden geklappt hatte. Durch mein Wandertempo habe ich Mike leider nicht mehr wieder gesehen.

Zwei jüngere Pilger aus Irland und Frankreich gesellten sich zu Mike und mir. Ich erzählte den Beiden davon, dass ich mir Notizen mache um im Nachhinein meine Erlebnisse über den Weg erzählen zu können 🙂

Louise, Janaja, Julius und ein paar weitere Pilger kamen aus der Stadt zurück. Gemeinsam wollten sie vorne vor der Herberge noch etwas „abhängen“. An dieser Stelle muss ich mal erwähnen, dass meine Pilgergruppe einen Altersschnitt von knapp 21 Jahren hatte und sie mich als ihren Pilgervater ansahen :-). Ob das an meinen grauen Haaren lag, lasse ich jetzt mal unkommentiert… Sie gaben mir bescheid und so setzten wir uns einfach auf den noch warmen Asphalt der Straße vor der Herberge. Autos waren um diese Zeit, so kurz nach 22 Uhr, in der kleinen Gemeinde sowieso keine mehr unterwegs. Julius kramte eine Mundharmonika aus seiner Tasche und so stimmten wir gemeinsam den „Camino Blues“ an.

Es war für uns Pilger ungewöhnlich spät, aber niemand wollte so wirklich schlafen gehen. Gegen 23 Uhr war es dann aber an der Zeit und jeder verschwand nach und nach in sein Bett.

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